Systemkonkurrenz bei den H2-Trucks

Brennstoffzellen-Lkw werden im künftigen Transportmix eine wichtige Rolle spielen. Die Frage ist nur, mit welcher Art Wasserstoff sie betankt werden sollen.

Brennstoffzellen-Lkw werden im künftigen Transportmix eine wichtige Rolle spielen. Die Frage ist nur, mit welcher Art Wasserstoff sie betankt werden sollen.

Seit vielen Monaten rollen Brennstoffzellen-Lkw im Versuchsbetrieb über europäische Straßen. Weitere Modelle folgen bald, und in drei bis fünf Jahren werden die ersten Serienfahrzeuge vom Band rollen. Es gilt also, den Ausbau der benötigten Tankstelleninfrastruktur voranzutreiben. Doch damit diese Aufgabe in Angriff genommen werden kann, muss zuerst einmal definiert werden, welcher Tanktechnik der Vorzug zu geben ist. Diese wird davon bestimmt, ob die Brennstoffzellen-Lkw künftig mit verdichtetem Wasserstoffgas, mit tiefgekühltem verflüssigtem Wasserstoff oder mit tiefgekühltem und hochverdichtetem Wasserstoffgas – sogenanntem Cryogas – fahren sollen.

Drei mögliche Wege

Doch wie funktionieren die Systeme? Die einfachste Lösung ist, die Lkw mit gasförmigem Wasserstoff zu betanken. Dabei wird der Kraftstoff mit einem Druck von 350 Bar verdichtet und in entsprechend ausgelegte Spezialtanks verfüllt. In einem Versuch mit rund 2.000 Brennstoffzellen-Fahrzeugen untersucht der südkoreanische Lkw-Hersteller Hyundai Trucks, wie praktikabel dieser Ansatz im harten Transportalltag ist. Die 4x2-Motorwagen vom Typ Hyundai H2 XCient Fuel Cell Electric Truck rollen unter anderem als Solo-Verteiler oder als 36-Tonnen-Lastzug durch die Schweiz. Die Fahrzeuge sind mit zwei Brennstoffzellen mit je 95 Kilowatt Leistung ausgestattet, welche eine Batterie speisen, die ihrerseits den rund 350 Kilowatt starken Elektromotor mit Energie versorgt.

Der Wasserstoff selbst wird in sieben Drucktanks, die sich an der Stirnseite des Kofferaufbaus befinden, an Bord gespeichert. Nach Angaben des Herstellers reicht das, um rund 35 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff zu tanken. Knackpunkt dabei ist die Reichweite der Fahrzeuge: Zu Beginn des Großversuchs schätzten die Ingenieure, dass die Verteiler-Lkw etwa 400 Kilometer weit mit einer Tankfüllung kommen. Nach knapp zwölf Monaten Versuchsdauer steht allerdings fest, dass die Fahrzeuge die Erwartungen zum Teil deutlich übertroffen haben. So hat zum Beispiel der Brennstoffzellen-Lkw, der für die Schweizer Niederlassung des österreichischen Logistikdienstleisters Gebrüder Weiss unterwegs ist, im Realeinsatz Strecken von bis zu 450 Kilometern zurückgelegt. Das reicht für den Einsatz im Verteilerverkehr aus.

Alternative Flüssigwasserstoff

Beim deutschen Lkw-Hersteller Daimler Trucks hingegen ist man davon überzeugt, dass Brennstoffzellen-Lkw in erster Linie als Alternative im Fernverkehr geeignet sind. Doch dafür müssen sie mit einer Tankfüllung noch ein gutes Stück weiter kommen – die Marke liegt bei mindestens 1.000 Kilometern. Das Problem dabei ist, dass die im Fernverkehr hauptsächlich eingesetzten Sattelzugmaschinen nicht ausreichend Bauraum bieten, um mehr Tanks für das Wasserstoffgas unterzubringen. Daher haben sich die Konstrukteure entschieden, statt gasförmigem Wasserstoff die verflüssigte Variante einzusetzen.

Der Vorteil liegt darin, dass flüssiger Wasserstoff im Gegensatz zu gasförmigem Wasserstoff eine deutlich höhere Energiedichte in Bezug auf das Volumen aufweist. Dadurch kommt ein mit Flüssigwasserstoff betankter Brennstoffzellen-Lkw mit wesentlich kleineren und aufgrund des geringeren Drucks auch erheblich dünnwandigeren und damit leichteren Tanks aus. Gleichzeitig kommt der Lkw aufgrund der höheren Energiedichte des verflüssigten Wasserstoffs auch deutlich weiter.

Knackpunkt Tankstelle

Einer der Hintergründe dabei ist, dass der Aufbau einer flächendeckenden Tankinfrastruktur Zeit braucht. Zwar plant zum Beispiel der Energiekonzern Shell, ein entsprechendes Netz aufzubauen, doch die ersten Wasserstofftankstellen werden erst 2024 innerhalb des geografischen Dreiecks Rotterdam, Hamburg, Köln in Betrieb gehen. Von einer flächendeckenden Struktur kann erst 2030 die Rede sein. Dann sollen immerhin 150 H2-Tankstellen für schwere Lkw zur Verfügung stehen.

Universaltechnik am Start

Doch damit sind die Möglichkeiten noch nicht erschöpft. So will in den kommenden dreieinhalb Jahren ein Konsortium einen sogenannten Cryogas-Wasserstoffgastank mit Betankungssystem zur Marktreife bringen. Dazu gehören neben dem Wasserstoff-Mobility-Start-up Cryomotive unter anderem auch der Nutzfahrzeughersteller MAN Truck & Bus sowie der Lkw- und Bus-Umrüster Clean Logistics. Bei diesem System wird der gasförmige Wasserstoff tiefgekühlt und hochverdichtet, so dass die damit betriebenen Lkw eine ähnlich hohe Reichweite haben wie die Fahrzeuge, die mit verflüssigtem Wasserstoff fahren. Und auch die maximale Betankungsdauer ist mit rund zehn Minuten in etwa gleich lang. Und: Die nach Angaben des Konsortiums nur einige Hundert Euro teure Verdichtertechnik ist so aufgebaut, dass die Fahrzeuge sowohl mit flüssigem als auch mit gasförmigen Wasserstoff betankt werden können. Der ursprüngliche Aggregatzustand des Kraftstoffes spielt keine Rolle, verflüssigter Wasserstoff wird einfach wieder zu Gas.

(Quelle: DVZ)