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IAA Voices Conference Special: Interview Siemens Smart Infrastructure

Markus Mildner ist Diplom-Ingenieur für Wirtschaftsingenieurwesen und seit Anfang 2022 CEO von eMobility bei Siemens Smart Infrastructure.

Stellen Sie sich vor, Sie wären in einer Zeitmaschine und auf dem Weg „zurück in die Zukunft“. In welchem Jahr würden Sie gern aussteigen und warum?

Eine interessante Frage – ich wüsste nicht in auf welches Jahr ich die Zeitmaschine einstellen sollte. Unsere Welt ändert sich gerade sehr schnell. Vieles was wir noch vor kurzer Zeit als selbstverständlich betrachtet haben, gilt so nicht mehr. Klimawandel, die Gefahr einer andauernden Pandemie oder politische Unsicherheiten, stellen uns vor große Herausforderungen. Wir haben es in der Hand einen Beitrag zur Lösung zu leisten. Ob wir in der Vergangenheit mit dem Wissen von heute etwas anders gemacht hätten? Wahrscheinlich. Was ich aber weiß: Zurückreisen möchte ich gerne ins Jahr 2035. Denn dann wird es keine (neuen) Verbrennermotoren mehr geben. Wir bei Siemens eMobility arbeiten mit unseren Produkten und Lösungen daran die Ladeinfrastruktur weltweit zu verbessern und somit nachhaltigen Verkehr attraktiver zu machen. Ich möchte mich davon überzeugen, dass wir es geschafft haben.

Wenn Sie eine Superkraft hätten, die Ihnen beruflich weiterhelfen würde, welche wäre das?

Ich denke, dass es hilfreich ist nicht nur eine Superkraft zu haben. Deswegen halte ich es für enorm wichtig ein diverses Team aufzubauen – verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Superkräften - das sorgt für Erfolg und macht ganz nebenbei auch richtig Spaß. Deswegen sind wir bei Siemens eMobility immer auf der Suche nach klugen Köpfen, die Lust haben Teil unserer Teams zu werden.

Markus Mildner, CEO eMobility, Siemens Smart Infrastructure

Welchen Trend verfolgen Sie aktuell beruflich mit großem Interesse?

Ein Thema ist sicherlich das Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr, häufig als “Megawatt-Laden” bezeichnet. Wir haben schon vor geraumer Zeit mit der Entwicklung entsprechender Systeme begonnen, und beteiligen uns auch am so genannten HoLa-Projekt, in dessen Rahmen unter der Leitung des Fraunhofer ISI Hochleistungsladeparks für Lkw entlang der Autobahn A2 errichtet und in der Praxis getestet werden.

Die spannenden Fakten dazu: Um einen vollelektrischen 40t LKW mit einer Batteriekapazität von 400 – 700 kWh in einem Zeitraum von 45 Minuten vollständig laden zu können, wird eine Ladeleistung von 550 – 1000 kW benötigt. 2018 wurde mit der Definition eines neuen Hochleistungs-Ladestandards begonnen, der Ladeleistungen von mehr als 3 MW unterstützen wird.

Ein anders Beispiel ist das induktive Laden von Elektrofahrzeugen. Wir sehen das als einen wachsenden Zukunftsmarkt. Neben einer deutlichen Erleichterung für die Fahrer, die nicht mehr mit Kabeln und Steckern hantieren müssen, ist das kabellose Laden eine entscheidende Voraussetzung für autonome Mobilität. Dabei ist die Übertragungseffizienz beim kabellosen, induktiven Laden vergleichbar mit Stecker-basierten Systemen.

Was ist/war für Sie in den vergangenen zehn Jahren der größte Gamechanger in der Logistik- oder Transportbranche?

Die Anfälligkeit von Lieferketten – und unsere Abhängigkeit davon – sind uns in den letzten Jahren schmerzlich bewusst geworden. Das gesamte System muss neu gedacht werden Lieferwege und Einkaufsprozesse werden sich ändern. Für Transportunternehmen bedeutet das eine weitere Flexibilisierung, aber auch größerer Planungsaufwand im Flottenmanagement. Wir bieten hier schon digitale Tools an, die hardware-unabhängig beim Flottenmanagement unterstützen.

Welche Innovation sehen Sie aktuell international als Blaupause auf dem Weg zur Klimaneutralität?

Es ist nicht eine einzelne Innovation, sondern die Vernetzung verschiedener Technologien und Entwicklungen. Vormals getrennte Sektoren, wie Mobilität, Gebäude, Industrie, Wärme- und Kälteproduktion sind ein intelligent und flexibel vernetztes Ökosystem. Auch Elektromobilität wird als Teil des Systems eine immer größere Rolle spielen.

Was erhoffen Sie sich von der IAA TRANSPORTATION?

Laut einer Studie von PwC verursachten LKW 2019 rund 10 Prozent der globalen CO2-Emissionen und damit rund ein Drittel mehr als der Pkw-Verkehr. Und der Güterverkehr wird in den nächsten Jahren eher noch zunehmen. Kurz gesagt: hier liegt großes Potential für CO2- Einsparungen. Ich hoffe, dass die IAA Transportation als Branchentreff noch mehr Bewusstsein für dieses enorm wichtige Thema schafft und gleichzeitig die Technologien präsentiert. Wir machen große technische Fortschritte in der Ladetechnologie und die namhaften Hersteller von LKW arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für den Einsatz von Elektroantrieben.

Worauf freuen Sie sich bei der IAA Conference besonders?

Nach zwei Jahren Pandemie erst einmal auf den Austausch mit Kunden und Partnern. Neben guten Gesprächen erhoffe ich mir aber auch einen Ausbau unseres Ökosystems. Die Herausforderungen, die uns alle betreffen, sind riesig – das kann man nicht allein schaffen. Deswegen arbeiten wir eng mit Kunden und Partnern zusammen. Zum Beispiel mit Daimler Truck, auf deren Stand wir auch unsere Ladelösungen präsentieren.

 

Biografie:

Markus Mildner ist Diplom-Ingenieur für Wirtschaftsingenieurwesen der Technischen Universität Berlin und begann seine Karriere in einer Unternehmensberatung. Im Jahr 2000 kam er zu Siemens und bekleidete seither mehrere Führungspositionen bei Siemens und zwischendurch bei BenQ in Deutschland, Kolumbien und Mexiko. Seit 2016 war er als General Manager für die Siemens Energy Management Division in China. Im Jahr 2019 übernahm er die Verantwortung für den globalen Vertrieb bei Siemens Smart Infrastructure aus Berlin. Seit Anfang 2022 ist er CEO von eMobility bei Siemens Smart Infrastructure. Neben mehreren Aufsichtsratsmandaten ist er derzeit auch als Industrial Advisor für das Low Low Carbon Institute der Jiao Tong University of Shanghai und als Vorsitzender der Infrastructure Group des Verbandes der deutschen Asien-Pazifik-Wirtschaft.