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IAA Voices Conference Special: Interview PTV Group

Als CEO der PTV Group initiierte und förderte Christian U. Haas die Weiterentwicklung des Unternehmens von einem traditionellen Softwareanbieter zu einem auf Anwendungen der künstlichen Intelligenz basierten SaaS-Unternehmen.

Stellen Sie sich vor, Sie wären in einer Zeitmaschine und auf dem Weg „zurück in die Zukunft“. In welchem Jahr würden Sie gern aussteigen und warum?

Besonders interessant wäre eine Reise in die Jahre, in denen Länder und Regierungen wegweisende Beschlüsse hinsichtlich Straßenverkehrsnetz, Städteplanung und Konzeption von Innenstädten gefasst haben. In Deutschland wäre das die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Beschlüsse der Regierungen damals haben die Entwicklung der Infrastruktur, landesweit aber insbesondere innerstädtisch, entscheidend beeinflusst und den Grundstein für unsere heutige Verkehrssituation und unser Transportnetz gelegt. Mit dem Wissen von heute, würde man das Konzept der autogerechten Stadt wahrscheinlich nicht mehr so umsetzen.

Wenn Sie eine Superkraft hätten, die Ihnen beruflich weiterhelfen würde, welche wäre das?

Ich bleibe hier beim Thema Zeitreise. Im Hinblick auf die immensen Herausforderungen, die die Menschheit in Sachen Klimawandel zu bewältigen hat, wäre der Sprung in die Zukunft spannend. Wir könnten sehen, welche Ansätze und Maßnahmen sich bewähren werden und wo unsere heutigen Denkfehler liegen.

Christian U. Haas, CEO PTV Group

Welchen Trend verfolgen Sie aktuell beruflich mit großem Interesse?

Im Bereich Logistik ist die Digitalisierung auch weiterhin das Trendthema, mit dem ich mich beruflich sehr viel beschäftige. Die Branche steht unter massivem Druck. Nicht nur aufgrund von steigenden Transportkosten, hohen Spritpreise und wachsendem Fahrermangel. Heute werden vom Kunden Transparenz, präzise Vorhersagen und schnelle Reaktionszeiten erwartet. Der digitale Wandel ist hier gleichermaßen Ursache, Lösung und Chance. Viele Logistik- und Transportunternehmen stehen allerding noch ganz am Anfang. Laut unserem Logistik Trendreport, einer Umfrage unter mehr als 500 Fachleuten, sehen fast vier von fünf Befragten in der Digitalisierung eine große oder mittelschwere Aufgabe. Nur 12 Prozent sagen, dass der Transformationsprozess in ihrem Unternehmen bereits abgeschlossen ist.

Für uns bei der PTV Group ist es wichtig, im guten Austausch mit unseren Kunden zu sein und unsere Lösungen bestmöglich an ihre Bedürfnisse anzupassen. Deshalb haben wir erst kürzlich mit Axylog einen führenden Anbieter für Transport-Monitoring übernommen, um unser Portfolio dahingehend zu erweitern. Transparenz und dynamische Kommunikation gehören heute zu den Schlüsselelementen, um qualitativ hochwertigen Service zu gewährleisten.

Was ist/war für Sie in den vergangenen zehn Jahren der größte Gamechanger in der Logistik- oder Transportbranche?

Die Coronapandemie war sicher der große Gamechanger der letzten Jahre. Lieferketten und Warenströme, wie wir sie bis dahin kannten, funktionierten plötzlich nicht mehr. Die Branche stand vor völlig neuen Herausforderungen. Viele Prozesse mussten innerhalb kürzester Zeit umstrukturiert und neu gedacht werden. In vielen Bereichen hakt es bis heute.

Die Krise hat mehr als deutlich gemacht, wie wichtig die schnelle Digitalisierung ist. Transport und Logistik werden auch in Zukunft in der Lage sein müssen, agil und flexibel auf neue Situationen und Trends zu reagieren. Die intelligente Nutzung von Daten liefert die Grundlage, um unter erschwerten Bedingungen eine zuverlässig funktionierende Lieferkette gewährleisten zu können – von der Datenübermittlung in Echtzeit, über die optimale Nutzung der verfügbaren Fahrzeug- und Personalkapazitäten bis hin zu kurzfristig veränderten Rahmenbedingungen.

Welche Innovation sehen Sie aktuell international als Blaupause auf dem Weg zur Klimaneutralität?

Autonomes Fahren hat sicherlich großes Potenzial auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Logistik. Und das nicht nur was Auslieferungen mit Robotern auf der letzten Meile angeht, sondern auch mit Blick auf Platooning, also Konvoi-Fahrten von automatisierten LKW auf längeren Strecken. Das ist aber sicher nicht die eine Blaupause, die alle Probleme lösen wird. Generell wird es keine One-fits-all Lösung geben. Vielmehr ist das Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen und Aspekte ausschlaggebend. Alternative Antriebe wie Wasserstoff oder die Elektromobilität spielen hier eine Rolle, genauso wie die Intermodalität mit Schiene und Wasser. Entscheidend ist zudem die bessere Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren in der Branche. Hier kommen Themen wie Big Data oder künstliche Intelligenz ins Spiel. Damit sind wir dann auch wieder bei der Digitalisierung. Um eine klimaneutrale Logistikbranche zu schaffen, ist der erste Schritt, Transporte mit Hilfe von Daten und intelligenten Algorithmen effizienter zu machen und so die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen.

Was erhoffen Sie sich von der IAA TRANSPORTATION?

Die IAA Transportation bietet eine hervorragende Möglichkeit, die internationale und nationale Zusammenarbeit im Bereich Logistik und Transport weiter auszubauen. Kooperationen über Ländergrenzen und verschiedene Bereiche hinweg, aber auch zwischen einzelnen Unternehmen schaffen Synergien. Die wachsenden Herausforderungen der Branche vor allem mit Blick auf Nachhaltigkeit erfordern Innovationen. Zusammenarbeit erhöht die Effizienz, generiert Ideen und hebt Potentiale.

Worauf freuen Sie sich bei der IAA Conference besonders?

Ich freue mich auf offene Gespräche, kontroverse Debatten und besonders auf meine Panel-Teilnahme beim Thementag „Municipal Transport“. Das hat mir auch auf der IAA Mobility, bei der ich im vergangenen Jahr Redner war, viel Spaß gemacht. Ein solcher Austausch mit verschiedenen Stakeholdern ermöglicht es, die gegenseitigen Bedürfnisse, Interessen und Beweggründe noch besser zu verstehen. Das setzt immer neue Ideen und Energien frei.

 

Biografie:

Christian U. Haas verfügt über 20 Jahre internationale Führungserfahrung in der Software- und Technologiebranche. Vor seinem Wechsel zur PTV leitete er einen europäischen Anbieter von digitalen Lösungen für Finanzdienstleistungen.

Als CEO initiierte und förderte er dort die Weiterentwicklung des Unternehmens von einem traditionellen Softwareanbieter zu einem auf Anwendungen der künstlichen Intelligenz basierten SaaS-Unternehmen. Zuvor war Christian U. Haas Executive Vice President Europe bei FIS, einem der weltweit führenden Anbieter von Finanztechnologie-Lösungen.

Haas begann seine Karriere bei Dresdner Kleinwort Benson und der Deutschen Bank.