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Der Trailer wird zum CO2-Faktor
Der klassische Auflieger spielt beim System Lastzug bisher eine passive Rolle. Doch künftig werden die gezogenen Einheiten deutlich mehr können, als nur als Laderaum zu dienen. Die DVZ hat sich bei den Herstellern umgehört.
Der klassische Auflieger spielt beim System Lastzug bisher eine passive Rolle. Doch künftig werden die gezogenen Einheiten deutlich mehr können, als nur als Laderaum zu dienen. Die DVZ hat sich bei den Herstellern umgehört.
Ein autonom agierender Auflieger mit eigenem Antrieb und Photovoltaik auf dem Dach? Als die Marketingabteilung eines Trailerherstellers vor einigen Jahren zum 1. April ein Foto dieser „Innovation“ veröffentlichte, entlockte das so manchem Transportprofi ein breites Grinsen: Die Vorstellung war schlicht zu kurios. Heute hingegen würde das Grinsen weit weniger breit ausfallen: Mittlerweile kommt auch den gezogenen Einheiten eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die Transportbranche auf Kurs für die Erreichung der ambitionierten CO2-Reduktionsziele zu bringen. Die grundsätzliche Frage dabei lautet: Mit welchen Maßnahmen erreicht man welche Effekte?
Mehr Laderaum schaffen
Alfons Veer, Chief Technical Officer beim Fahrzeugwerk Bernard Krone, sieht hier verschiedene Möglichkeiten. Eine wäre, durch die flächendeckende Genehmigung der Eurocombi die niedrig hängenden Früchte zu ernten, eine andere ist die aerodynamische Optimierung. Hierzu hat er eine differenzierte Meinung: „Mit Hilfe der Aerodynamik lassen sich die CO2-Emissionen eines Lastzugs um mehr als 10 Prozent senken. Doch wie bewähren sich die Systeme im harten Speditionsalltag? Die Teile befinden sich an den Stellen des Trailers, wo der Alltag mit Schäden zuschlägt.“ Zudem ist der Spritspareffekt der Anbauteile davon abhängig, auf welchen Strecken und über welche Distanzen die Fahrzeuge eingesetzt werden. „Aerodynamische Verkleidungen entfalten ihre Wirkung am besten auf der Langstrecke“, fasst Veer eine Faustregel zusammen.
Aerodynamik braucht Freiraum
Schließlich geht es aber auch darum, dass aerodynamisch verkleidete Auflieger und Sattelzüge auch weiterhin den Vorschriften der EU-Richtlinie 96/53/EG entsprechen. Da sich aber hier innerhalb der Standardabmessungen keine praktikablen Lösungen anbieten, schlägt Veer einen anderen Weg vor: „Beim Thema Aerodynamik muss der Gesetzgeber mitspielen: Es geht darum, die Vorgaben für Höhe und Breite zu modifizieren, damit seitliche Verkleidungen oder Heckdiffusoren auf dem Dach eingesetzt werden können.“ Immerhin hat sich in Hinblick auf die Ausstattung der Auflieger mit Heckflügeln bereits etwas getan. Lösungen wie das automatische System der Aachener Ideenschmiede Betterflow können mittlerweile problemlos installiert und eingesetzt werden.
Antrieb für die gezogene Einheit
Doch mit dem Thema Aerodynamik sind die Überlegungen zur Reduktion der CO2-Emissionen bei Krone noch lange nicht zu Ende. Die klugen Köpfe des Trailerherstellers tüfteln gemeinsam mit dem Aachener Start-up Trailer Dynamics an einem spannenden neuen Konzept. So könnten die Achsaggregate der Auflieger künftig mit einer aktiven Elektroachse ausgestattet werden, die bei Bedarf die Zugmaschine unterstützt und entlastet.
Das Problem, dass die Achse nicht schieben darf, wenn die Sattelzugmaschine bremst, wollen die Krone-Entwickler mit einem smarten Königszapfen lösen. Dieser erkennt, ob der Auflieger gezogen wird oder schiebt und regelt den Einsatz der Elektroachse. Das Potenzial der CO2-Reduzierung ist groß: „Mit einer elektrischen Antriebsachse im Trailer wäre im Vergleich zu einem konventionellen Lastzug eine CO2-Einsparung von rund 20 Prozent möglich“, sagt Veer.
Krone ist übrigens nicht allein an dem Thema dran: Auch der Zulieferer Wabco entwickelt ein ähnliches System. Beide Hersteller schließen übrigens eine Wette auf die Zukunft ab, denn noch ist der Einbau solcher Antriebsachsen nicht erlaubt. Lediglich eine sogenannte Generatorachse, die Bremsenergie einfängt und in eine Batterie speist, darf derzeit verbaut werden.
Veers Gegenpart bei Schmitz Cargobull, Technikvorstand Roland Klement, ist ein Freund leistungsfähigerer Transporteinheiten mit größerem Ladevolumen. Wenn die Nutzlast eines Lastzugs eher eine untergeordnete Rolle spielt, dann sieht er eine überlange Kombination aus Sattelzugmaschine und zwei hintereinander gekoppelten Standardtrailern als echte CO2-Killer an. „Der Eco-Duo ist ein Lastzug mit zwei 13,60 m langen Standard-Trailern und kann die CO2-Emissionen um 25 Prozent senken“, rechnet er vor, und das Handling sieht er im Hub-to-Hub-Verkehr unkritisch. „Viele Logistikzentren liegen sehr nah an der Autobahn. Der Aufwand für die letzte Meile nach der Entkopplung des Eco-Duo wäre überschaubar.“
Die Transportart zählt
Da aber der Eco-Duo derzeit in Deutschland nur mit 40 Tonnen Gesamtgewicht fahren darf, wäre die Kombination nur eine Lösung für den Transport von leichten und voluminösen Gütern. Das Universalfahrzeug kann er laut Klement daher nicht ablösen. Aber in anderen Regionen und Ländern wie Skandinavien oder Spanien wird die Kombination bereits mit deutlich höheren Lastzuggewichten erprobt oder sogar schon eingesetzt.
Jedoch ist aber der überlange Lastzug mit zwei Trailern ein Nischenprodukt und noch einige Zeit von der möglichen Zulassung auf deutschen Straßen entfernt. Daher beschäftigen sich die Entwickler von Schmitz Cargobull parallel dazu mit einem weiteren Effizienzprojekt, dem CO2-Trailer. Die Fahrzeuge der Eco-Generation kamen Anfang des vergangenen Jahres auf den Markt. Basis der Lösung, die in den Ausführungen Eco Fix, Eco Flex und Eco Varios angeboten wird, ist ein aerodynamisch optimierter, höhenflexibler Aufbau für die Sattelcurtainsider S.CS, der Kraftstoffeinsparungen von bis zu 5 Prozent bringen soll. Die Idee dahinter ist einfach: Das liftbare Heck verleiht dem Eco-Trailer eine aerodynamische Form und verringert so den Luftwiderstand. Bei Bedarf hingegen – also wenn das Volumen des Aufbaus voll ausgenutzt werden muss – kann das Dach einfach auf normale Höhe gebracht werden. Und Klement ist sich sicher: „50 bis 60 Prozent der Transporte sind für den Einsatz höhenvariabler Auflieger geeignet.“
Bleibt noch die Option, die gezogenen Einheiten mit Elektroachsen auszustatten. Hier sieht Klement eine mögliche Version mit aktivem Antrieb eher kritisch: „Wenn ein Trailer mit einer angetriebenen Achse ausgestattet wird, dann muss die Zugstabilität unter allen Umständen gewährleistet werden. Das ist technisch aufwendig.“ Zudem brächte dies noch einen weiteren Nachteil mit sich: Um die Sattelzugmaschine wirklich entlasten zu können, müsste reichlich Energie für die E-Achse zur Verfügung stehen. Die dafür benötigten Batterien würden zwischen 300 und 350 Kilogramm wiegen und daher die Nutzlast über Gebühr einschränken.
Was sich Klement hingegen gut vorstellen kann, ist eine Elektroachse, über die per Generator und Rekuperation ausschließlich Strom erzeugt wird. Die so gewonnene Energie kann zum Beispiel für den Betrieb einer Kältemaschine eingesetzt werden. Auch das entlastet die Zugmaschine und senkt den CO2-Ausstoß.
Konventionen und Forschergeist
Auf konventionelle Technik wie Leichtbau und Optimierung des Ladevolumens setzt Kögel-Geschäftsführer Thomas Eschey, der bei dem Burtenbacher Hersteller unter anderem für den Bereich Technik zuständig ist. „Unser Anliegen ist es, die Anforderungen der Kunden nach deutlich mehr Nutzlast und gleichzeitig hoher Haltbarkeit auch bei starker Beanspruchung sicherzustellen“, sagt er. Zudem verweist der Manager darauf, dass sein Unternehmen sich bereits seit 15 Jahren für den auf 15 Meter verlängerten Auflieger engagiert, der vier Palettenstellplätze mehr bietet als ein konventioneller Trailer.
Allerdings verschließt sich auch Kögel nicht neuen Ansätzen. Zusammen mit der TU München haben sich die Ingenieure des Herstellers Gedanken dazu gemacht, wie der Euro-Trailer des Jahres 2030 aussehen könnte. Auch hier kommt Leichtbau zum Zuge, doch darüber hinaus soll eine Vollverkleidung den Luftwiderstand des Lastzugs minimieren. Zudem soll das Fahrzeug – analog zu den Ideen von Krone und Schmitz Cargobull – über eine Generatorachse Bremsenergie zurückgewinnen, die in einer Batterie gepuffert und bei Bedarf dem Lkw-Antrieb oder Verbrauchern wie zum Beispiel einer Kühlmaschine zur Verfügung gestellt wird. „Einen solchen Prototypen auf Basis des Kögel Cool PurFerro quality haben wir gemeinsam mit SAF-Holland aufgebaut. Das Fahrzeug wird nun in der Praxis erprobt“, erklärt Eschey. Die Zukunft rollt also schon heute an.