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Wasserstoff: Clean Logistics rüstet Diesel-Lkw und -Busse um

Die Ambitionen von Clean Logistics, einen Fuhrpark ohne CO2-Emissionen zu betreiben, sind ehrgeizig: „Wir möchten den Transportsektor revolutionieren“, erklärt Co-Gründer und CEO Dirk Graszt. Wichtigster Aspekt ist dabei die Dekarbonisierung der Güterverkehrsmobilität.

Die Ambitionen von Clean Logistics, einen Fuhrpark ohne CO2-Emissionen zu betreiben, sind ehrgeizig: „Wir möchten den Transportsektor revolutionieren“, erklärt Co-Gründer und CEO Dirk Graszt. Wichtigster Aspekt ist dabei die Dekarbonisierung der Güterverkehrsmobilität.

Schon 2017 machte sich der 57-jährige im Zuge des Dieselskandals darüber Gedanken, wie sich ein emissionsfreier Fuhrpark verwirklichen ließe. Damals war er noch Vorstandsvorsitzender der Spedition Harry AG mit rund 500 Lkw im Fuhrpark. Als er seine Anfrage zu emissionsfreien Lkw an verschiedene Hersteller richtete, stieß er dort auf taube Ohren. Er entschied sich, seinen Ansatz selbst zu verwirklichen. Gesagt, getan. Mit Dirk Lehmann, heute Verwaltungsratsvorsitzender des Unternehmens, gründete er Clean Logistics. Später kam noch Markus Körner dazu, heute für das Ressort Sales und Services zuständig. Mittlerweile ist das Unternehmen an der Deutschen Börse im Freiverkehr gelistet, wo auch seine Aktien gehandelt werden.

Clean Logistics lässt bei E-Cap-Mobility umbauen

Die eigentliche Konversion der Fahrzeuge findet im niedersächsischen Winsen statt. Dort hat die Firma Clean Logistics SE von Gründungspartner Dirk Lehmann ihren Sitz, die als Entwicklungs- und Produktionspartner fungiert. In einem Industriegebiet befindet sich eine Fertigungshalle mit derzeit fünf Umrüstplätzen für Lkw und Busse. Hier integrieren die Mitarbeiter das modular aufgebaute Antriebssystem in die Fahrzeuge. Dafür entfernen sie sämtliche Verbrennerkomponenten und bauen eine Kombination aus einer Brennstoffzelle, nicht brennbaren Batterien, Wasserstofftanks und einer eigens entwickelten und verschleißfreien elektrischen Hinterachse mit Radnabenmotor ein. Der ganze Vorgang dauert etwa drei Monate.

2021 nimmt der erste Prototyp des sogenannten Hydrogen-Battery-Trucks, abgekürzt Hybatt-Truck, den Testbetrieb auf. Gleichzeitig werden vier weitere Prototypen gebaut. Hierbei handelt es sich um 40-Tonnen-Sattelzugmaschinen der Marken DAF, Mercedes-Benz und MAN. Die ersten Hybatt-Trucks sollen eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometern haben, basierend auf eigenen Wasserstofftanks mit einer Gesamtkapazität von 45 Kilogramm pro Truck auf H35-Technologie (H2-Gas bei 350 Bar Druck). Später können die Serienfahrzeuge laut Graszt je nach Konfiguration, Kundenwunsch und der Serienreife weiterer Technologien eine deutlich höhere Reichweite erzielen. Jeder Hybatt-Truck verfügt zunächst über eine Reserve in Form eines leistungsfähigen Batteriesystems. Dieses garantiert für sich allein eine Reichweite von über 100 Kilometern.

Nach dem Umbau hat die Zugmaschine diese Komponenten an Bord. Foto: Clean Logistics

Weitere Umrüstplätze sollen folgen

Bereits Ende des zweiten Quartals 2022 sollen die ersten Hybatt-Trucks im Kundenauftrag konvertiert werden. Auch deshalb ist eine Erweiterung auf elf Umrüstplätze für Anfang 2022 geplant. Ab 2023 steht dann in unmittelbarer Nachbarschaft zur heutigen Produktion eine weitere Fertigungshalle auf 1,8 Hektar mit einer Produktionskapazität von etwa 300 Fahrzeugen im Jahr zur Verfügung.

Über den Aufbau eines Partnernetzwerks möchte Clean Logistics die Kapazitäten in den nächsten Jahren sukzessive hochfahren. „Die Nachfrage ist enorm. Alle unsere Umbaukapazitäten sind schon jetzt verbindlich gebucht. Darüber hinaus liegen uns konkrete Nachfragen im hohen dreistelligen Bereich vor“, berichtet Graszt. Auch deshalb sucht das Unternehmen laufend neue Mitarbeiter.

Und was kostet der Umbau? Hier macht Graszt folgende Rechnung auf: „Der Gutachtenwert eines drei bis vier Jahre alten 40-Tonnen-Diesel-Lkw beträgt, je nach Laufleistung, bis zu 50.000 Euro. Die Umrüstung eines Diesel-Lkw kostet etwa 500.000 Euro. Die Mehrausgaben eines H2-Lkw gegenüber einem Diesel-Lkw werden staatlich mit 80 Prozent gefördert. Die Differenz muss der Spediteur zunächst selbst aufbringen.“ Doch rechnet sich das, wenn die Margen in der Branche ohnehin schon so dünn sind? „Ein H2-Lkw hält länger als ein Diesel-Lkw, und auch die Wartungskosten sind deutlich niedriger“, erklärt Graszt. „Darüber hinaus bewirken die Mautbefreiung für H2-Lkw auf der einen und der ständig steigende Dieselpreis auf der anderen Seite, dass sich der H2-Lkw in der Gesamtbetrachtung der Total Cost of Ownership für den Spediteur lohnt.“

Auch Busse lassen sich umrüsten

Eine weitere Säule von Clean Logistics ist die Umrüstung von Bussen. Bereits am 29. Juli 2021 lieferte das Unternehmen den ersten auf Wasserstoffbetrieb umgerüsteten ÖPNV-Bus an die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft (UVG) in Schwedt aus. Beim Hybatt-Bus handelt es sich nach Firmenangaben um den europaweit ersten konvertierten Bus mit Brennstoffzellen-Wasserstoffantrieb im ÖPNV. Das umgerüstete Fahrzeug des Typs Mercedes-Benz Citaro verfügt über ein emissionsfreies Energiesystem mit einer Reichweite von über 300 Kilometern. Noch im vierten Quartal 2021 soll der zweite Hybatt-Bus an die UVG übergeben werden.