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Volvo geht mit schweren Elektro-Lkw an den Start

Volvo ergänzt sein Elektroprogramm um die schweren Baureihen. Bis Anfang 2023 sollen FM, FMX und FH Electric von 4x2 bis 8x4 verfügbar sein.

Volvo ergänzt sein Elektroprogramm um die schweren Baureihen. Bis Anfang 2023 sollen FM, FMX und FH Electric von 4x2 bis 8x4 verfügbar sein.

Ab 2022 sollen die schweren Baureihen FM (Verteilerverkehr), FMX (Baustelle) und FH Electric (regionaler Fernverkehr) zur Wahl stehen, bestellbar ab sofort. Der Start der Serienproduktion ist für die zweite Jahreshälfte in Tuve/Göteborg vorgesehen, weitere Werke sollen folgen. Im Zeitplan stehen zunächst 4x2- und 6x2-Sattelzugmaschinen für bis zu 44 Tonnen Zuggewicht, mit Fahrgestellen bis zum 8x4 ist ab Anfang 2023 zu rechnen.

Für erste elektrische Probefahrten hat Volvo einen FH mit Zweiachssattel und einen FMX als Tridem- Vierachser mit Ladekran aufgeboten, beladen auf rund 36 beziehungsweise 27 Tonnen. Dass es sich um Vorserienfahrzeuge handelt, wird beim ersten Blick auf die Instrumente klar, die noch fast völlig den Diesel entsprechen. So sind zwar die Anzeigen für den Verbrauch (kWh/100 km und kWh/h) bereits blanko angelegt, aber nicht mit Leben gefüllt und die Angaben zu Batteriezustand und Restreichweite stark wechselhaft und mit Vorsicht zu genießen. Spezifische Infos zu Stromverbrauch und Rekuperation stehen bis zum Produktionsstart ebenfalls noch auf der Agenda.

Immerhin der Triebstrang, entspricht bereits der späteren Serie. Somit warten beide Fahrzeuge mit dem maximalen Stromspeicher von 540 kWh auf, und die aus drei Elektromotoren kombinierte Antriebsleistung von 490 kW wird über ein I-Shift-Getriebe an die 3,08 (FH) und 3,09 (FMX) übersetzten Hinterachsen übertragen. Einen Aha-Effekt gibt es schon beim Anfahren: Trotz Beladung geht es in der Ebene im siebten Gang los. Generell nutzt die Elektronik fast nur die große Gruppe, die unteren Gänge sind Extremsituationen wie dem Anfahren in Steil stücken vorbehalten.

Akustische Warnsignale für Fußgänger und Radfahrer

Vom Start weg setzen sich beide Fahrzeuge nahezu lautlos in Gang, und auch im weiteren Verlauf ist außer Wind- und Reifengeräuschen kaum etwas zu hören. Da die Schleichfahrt vor allem im Stadtverkehr tückisch sein kann, hat Volvo insbesondere für Fußgänger und Radfahrer spezielle Warnsignale entwickelt (seit Juli 2021 müssen in der EU ohnehin alle neuen Elektrofahrzeuge bei Geschwindigkeiten unter 20 km/h einen bestimmten Schallpegel abgeben). Das entsprechende Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) ist beim Start automatisch aktiv und von Volvo vierfach ausgelegt, also mit separaten Tönen und Frequenzen im Stand, beim Anfahren/Beschleunigen, Verzögern und Rückwärtsrangieren. In den Probefahrzeugen war der Sound noch nicht installiert, Hörbeispiele gibt’s auf einschlägigen Internetplattformen wie dem Volvo-Trucks-Youtube-Kanal.

Nach mittlerweile 20 Produktionsjahren darf das I-Shift-Getriebe schon bei den Diesel-Volvo zu den sanftesten und schnellsten Schaltungen auf dem Markt zählen – bei den Elektromodellen wird der Komfort freilich noch getoppt. Sowohl mit dem Vierachser als auch mit dem Sattelzug geht es extrem geschmeidig durch die Stadt und übers Land, die Schaltvorgänge sind kaum zu spüren. Dabei entsprechen auch die Assistenzsysteme und die Bedienung weitgehend den Verbrennern, mit der I-Shift-Programmwahl entweder am Fahrersitz (exemplarisch im FMX) oder im Armaturenbrett (im FH). Den größten Unterschied zum Diesel markiert das Hantieren mit dem Motorbremshebel, der mit der Verzögerung auch die Bremsenergierückgewinnung (Rekuperation) einläutet. In der Nullstellung wird ohne Rekuperation maximal ausgerollt, in den Stellungen 1 bis 3 schon beim Lösen des Gaspedals mit den als Retarder wirkenden E-Motoren gebremst.

Die jeweils drei E-Motoren im FMX und FH sind Serie, ebenso das I-Shift-Getriebe in eigens angepasster Elektroversion. Für einen eventuellen Nebenantrieb stehen drei Optionen zur Wahl: eine elektrische mit 40, eine elektromechanische mit 70 und, typischerweise für einen Ladekran wie am gefahrenen FMX, eine getriebeseitige mit 150 kW.

Die Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von 90 kWh und 500 Kilogramm Stückgewicht baut Volvo im Werk Gent. Standardmäßig sind an den FM, FMX und FH fünf oder sechs Batteriepakete mit 450 oder 540 kWh installiert. Möglich sind eine AC-Aufladung mit bis zu 43 kW und eine DC-Aufladung mit bis zu 250 kW. Im zweiten Fall lassen sich laut Volvo bis zu 80 Prozent der Batteriekapazität in weniger als 90 Minuten laden. Von 0 auf 100, bezogen auf die Batterieladung, geht es mit 250 kW in knapp zwei Stunden, mit Wechselstrom kann es locker zehn Stunden dauern.

Mit dem FMX Electric gibt es den Elektro-Lkw auch für die Baustelle. Foto: Volvo

Ab 2040 nur noch Lkw mit alternativem Antrieb

Bereits 2030 will Volvo die Hälfte seines Umsatzes mit elektrischen Nutzfahrzeugen erzielen, und ab 2040 wollen die Schweden nur noch Lkw mit alternativen Antrieben verkaufen, also batterieelektrische und Brennstoffzellenfahrzeuge sowie Verbrenner von E-Fuels, HVO, Biodiesel, Bio-LNG und möglicherweise auch Wasserstoff.

Der Boden wird zusammen mit Partnern bereitet: So sollen in Kooperation mit Daimler und der Traton-Gruppe rund 1.700 öffentliche Lkw-Ladestationen in Europa entstehen. Bei Brennstoffzellen arbeitet Volvo ohnehin mit Daimler zusammen, die Gründung des gemeinsamen Brennstoffzellenunter namens Cellcentric wurde im März 2021 verkündet. Nischen- und Spezialanwendungen abseits der (Groß-)Serie hat Volvo ebenfalls im Blick, beispielsweise mit der Beteiligung am Schweizer E-Lkw-Umrüster Designwerk mit der auf Volvo basierenden Marke Futuricum.